Denkanstoß von Pfr. Klaus Hurtz am 26. Juli2024 in der Rheinischen Post
Mönchengladbach · Zugegeben, bisher hatten wir eher einen durchwachsenen Sommer. Allerdings ist zum einen unsere Gegend gottlob von größerem Wetterunbill verschont geblieben, zum anderen verdanke ich den „Regenpausen“ wunderbare Augenblicke. Erstaunlicher Weise erlebe ich sie beim Aufräumen! Wo man aufräumt, schafft man sich Raum und Weite, wirft Ballast ab, entlastet sich und findet Kostbarkeiten wieder. Denn in meinem Alltag drohen mir vor allem drei „B-Stapel“ gleich Stalagmiten in die Höhe zu wachsen.
Da ist zunächst der Briefe-Stapel. Post ist schon immer für mich eine Freude gewesen, natürlich weniger die Rechnungen oder Werbemitteilungen. Aber ein persönlicher Gruß, ein schriftlicher Gedankengang, eine handgeschriebene Nachricht lese ich sehr gerne. Doch alle Karten und Briefe können nicht für immer aufbewahrt werden. Die Ferien schenken mir die Zeit, die Stapel noch einmal zur Hand zu nehmen, lesend noch einmal Erinnerungen wach zu rufen, um dann zu entscheiden, welche Schreiben im Archiv aufbewahrt werden sollen. Emails werden irgendwann gelöscht; wichtige Grüße, Karten und Briefe kennen kein Verfallsdatum.
Dann gibt es den Bücher-Stapel. Ob Schreibtisch, Couchlehne oder Nachtkonsole, überall können bei mir mit der Zeit Büchertürme entstehen, die wieder abgeschliffen sein wollen. Frisch gekauft oder aus dem Bestand zusammengetragen, hat mir ihre Lektüre beruflich oder persönlich geholfen, haben sie mir wertvolle Stunden geschenkt. Nun beim Wegräumen blättere ich sie noch einmal durch, um Unterstrichenes oder Herausgeschriebenes in ein Heft zu übertragen. Manche Worte will und darf ich nicht vergessen, weil sie mein Leben bereichern und erleichtern.
Zuletzt kommt der Bilder-Stapel. Wer von uns hat nicht unzählige Fotos auf dem Handy gespeichert? Und wer von uns kennt nicht das lange Warten, weil der Gesprächspartner unbedingt ein Foto zeigen will, das er allerdings in der Fülle nicht findet. Von schönen, charakteristischen Fotos will ich daher nach guter alter Väter Sitte Papierabzüge haben; auch diese wollen einmal etikettiert und systematisiert werden. Doch auch mit einem Bilder-Stapel beschäftige ich mich gerne, verwöhnt er mich mit wundervollen Überraschungen. So fiel mir heuer bei der Sichtung ein Foto wieder in die Hände, das ich mir aus dem Internet heruntergeladen hatte. Es zeigt Papst Benedikt XVI. bei seinem Besuch in Auschwitz und über ihn den Regenbogen. Für mich ein ikonisches Bild, das ich nun endlich rahmen konnte. Denn so oft ich es anschaue, stärkt es mich gegen Hetze und Hass; gibt es mir Mut und Hoffnung. Gott setzt mit seiner Liebe den Friedensbogen in den Himmel gegen das Böse der Welt.
Heute beginnen die Olympischen Spiele in Paris, die Rest-Stapel, die bisher noch nicht abgetragen sind, werden wohl etwas warten müssen. In der Antike schwiegen während der Olympiade die Waffen; von solchen Grundsätzen lassen sich die heutigen Mächtigen nicht beirren. Daher hoffe ich, dass zumindest über den Sportstätten Gott seinen bunten Friedensbogen leuchten lassen kann!
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