Denkanstoß von Pfr. Klaus Hurtz am 22. November 2024 in der Rheinischen Post
Mönchengladbach · Schon immer ist in unseren Breitengraden der November ein trister, trauriger, grauer Monat; aber er hat auch eine andere Seite. Vielleicht als Gegengewicht kennt er viele große Heilige, die auch beliebte Namenspatrone waren oder sind. Mit dem Hochfest Allerheiligen wird der Reigen eröffnet, dann folgen um nur wenige zu nennen: Karl Borromäus, Leo der Große, Martin (mit seinen Laternenumzügen), Albert der Große, Gertrud (die den Garten zuschließt), Elisabeth, Korbinian, Katharina, und zu guter Letzt Andreas. Doch am heutigen Tag feiert die Kirche die hl. Cäcilia (Himmelslilie)!
Zugegeben, ihre historische Gestalt ist ganz von der Legende verdeckt, und es waren auch eher verschlungene Wege, die sie zur Patronin der (Kirchen-)Musik gemacht haben. Allerdings reicht ihre Verehrung weit zurück, als Jungfrau und Märtyrerin wird ihr bereits im 5.Jahrhundert eine Kirche in Trastevere, Rom, geweiht! Sie wurde die Hüterin und Förderin der Musik, und bis heute ist das Cäcilienfest der wichtigste Termin für einen jeden Kirchenchor. Gleichwohl muss man festhalten, dass vor allem die Reformation und die Evangelische Kirche die Kirchenmusik gefördert hat, die atemberaubenden Werke der Musikliteratur und die herrlichen Kirchenlieder sind Zeugen dafür. Musik ist eine Sprache, die jeder Mensch rund um den Globus versteht, denn sie erreicht immer das Herz! Was Worte kaum mehr auszudrücken vermögen, das gelingt einem Lied, einer Melodie! Und wo diese die Herzensstimmung treffen, können sie zum inneren Begleiter werden über viele Stunden hinweg. Daher ist mir sehr plausibel, was Thomas Carlyle einmal sagte: „Musik ist die Sprache der Engel.“
Nicht nur das Wetter zeigt sich trist, traurig und grau, auch der Blick in die Welt sorgt gewiss nicht für Aufhellung, bedrohende Krisenherde, wohin man sieht. Natürlich ist es kein Allheilmittel, und es wird nicht wie durch ein Wunder von jetzt auf gleich anders werden, aber mir scheint, wir sollten alle wieder mehr die Engelsprache erlernen! Musik darf nicht zur Hintergrund-Beschallung verkommen, sondern sie will aktiv gehört werden! Noch einen Schritt weiter gehen wir, wenn wir alleine oder in Gemeinschaft musizieren oder singen, summen oder pfeifen. Wenn auch die Welt keine andere wird, so verändern wir doch uns selbst! Dann können wir vielleicht in dieser zerrissenen Welt leichter Bastionen schleifen und Fronten verlassen. Man kann es heute kaum mehr glauben, doch wenn um 21:57 Uhr Soldatensender-Belgrad „Lili Marleen“ spielte, schwiegen im Zweiten Weltkrieg zeitweise die Waffen. Daher lohnen jede Mühe und Anstrengung! Ich kann mir gut vorstellen, dass es die hl. Cäcilia gewesen ist, die William Shakespeare verraten hat, worin das Geheimnis dieser unbändigen Kraft der Musik liegt. In „Was ihr wollt“ hat er es an uns weitergegeben: „Wenn die Musik der Liebe Nahrung ist. Spielt weiter!“
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